Wann? 16.11.2023, 14:00 – 18:30 Uhr / 17.11.2023, 9:30 – 13.30 Uhr
Wo? Universität zu Köln, Universitätsstraße 37, 50931 Köln, Seminargebäude 106, Tagungsraum 0.04
Zur Anmeldung.
Hintergrund
Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten klar machen, was gilt und was nicht. Aber wie sollen wir damit umgehen, dass diese Eindeutigkeit manchmal (noch) nicht vorliegt? Und auch nicht vorliegen kann? Wie lässt sich Expert*innentum vor diesem Hintergrund vermitteln und bspw. in gelingenden Interviews realisieren? Können diese als Formen „geglückter Kommunikation“ angesehen und diskutiert werden? Wem wird vertraut oder sollte vertraut werden? Wie entsteht Vertrauen und wie geht es verloren – gerade in massenmedialen Settings? Und welche Rolle spielt das für die Beurteilung von Wissen(schaft)sformaten in der Qualitätsdebatte – etwa bei Preisentscheidungen im Rahmen des Grimme-Preises?
Das Projekt „Vertrauen in der Wissenskommunikation“ erforscht im Anschluss an die jüngsten Vorarbeiten im Verbund Language Challenges an der Universität zu Köln das heuristische Potenzial einer Fokussierung auf Möglichkeiten und Funktionen von Feedback in der laufenden Kommunikation.
In vier Pilotstudien wird untersucht, wie Feedback und Wertungen in der face-to-face Kommunikation, aber auch in der massenmedialen Kommunikation ihre Wirkungen entfalten. Dazu haben wir untersucht:
- den Grimme-Fernsehpreis als ein Beispiel für Vertrauen in die Qualitätskommunikation (Pilotstudie I);
- sprachliche und kommunikative Mittel die Vertrauen bilden (Pilotstudie II);
- psychologische und mediale Aspekte von Expert*innen-Interviews (Pilotstudie III) und
- Interaktionen in der Wissenschaftskommunikation, etwa hinsichtlich des Blickkontakts (Pilotstudie IV).
Ausgehend von der gemeinsamen Orientierung an den Begriffen von Feedback, Rapport und Wertung sowie durch die Arbeit an einem gemeinsamen Corpus werden die fokussierten Pilotstudien mit je verschiedenen Methoden für eine Synopse aufbereitet.
Ziel
Ziel der fachübergreifenden Tagung ist es, erste Ergebnisse mit weiteren Expert*innen aus angrenzenden Fächern und erfahrenen Wissenschaftsvermittler*innen aus der Praxis zu diskutieren. Die Tagung und die noch folgende Publikation dienen hierbei der öffentlichkeitswirksamen Vermittlung der Resultate. Die Diskussion mit den Gesprächspartner*innen aus der Praxis setzt die empirische Erschließung der Materialien aus den Grimme-Preisverleihungen fort.
Die Teilnahme an der Fachtagung ist kostenlos, um verbindliche Anmeldung wird gebeten.
Ablauf
Donnerstag, 16.11.2023
- 14.00 Eröffnung
- 14.15 Unsicheres Wissen und Vertrauen. Wie geht das zusammen?
Moderation: Klaus von Heusinger und Nikolaus Himmelmann
Antworten aus der Wissenschaft sollen möglichst klar und einfach darstellen, was gilt, und was nicht. Zugleich aber interessiert sich wissenschaftliche Forschung primär für Gegenstandsbereiche, für die noch keine gesicherten Aussagen gemacht werden können. In dieser Sektion geht es um die sprachliche Kennzeichnung von Unsicherheit in der Wissenskommunikation. - 15.45 Kaffeepause
- 16.15 Fernsehpreise und die Vertrauenswürdigkeit von Sendungen
Moderation: Thomas Grundmann und Sven Bernecker
Der Grimme-Preis ist der renommierteste deutsche Fernsehpreis. Er sendet ein deutliches Qualitätssignal aus, an dem sich die Zuschauer orientieren. Wie können das Preisverfahren und die Auswahl der Jury Qualität signalisieren? Und um welche Qualität geht es? Diese Fragen werden wir zusammen mit der Medienwissenschaftlerin Tanja Weber (Universität zu Köln), der Kommunikationswissenschaftlerin Christiane Eilders (HHU Düsseldorf) sowie der Direktorin des Grimme-Instituts Frauke Gerlach diskutieren. - 17.45 Abschlussdiskussion
Freitag, 17.11.2023
- 9.30 Vertrauen und Rapport in Interviews
Moderation: Stephan Packard und Kai Kaspar
Eine Expertin wird interviewt. Wovon hängt es ab, ob wir meinen, dass das Gespräch zwischen Interviewerin und Expertin gelingt? Ob wir glauben, dass die Moderatorin der Expertise dieser Person vertraut? Und wie wirkt sich das wiederum darauf aus, ob die Zuschauenden Vertrauen zu dieser Expertin fassen, weiter zusehen und zuhören wollen und aufnehmen, was sie hören? Diese Fragen stellen wir über populäre Interviewformate im Fernsehen und online. In einer kombinierten medienwissenschaftlichen und medienpsychologischen Studie untersuchen wir Anzeichen dafür in der Inszenierung der Sendungen und in Reaktionen von Zuschauenden. Unsere Hypothesen diskutieren wir mit der Psychologin Dr. Marlene Altenmüller (LMU München), die über Vertrauen in Wissenschaft, Wissenschaftsrezeption und -kommunikation forscht, und Mitgliedern aus den Redaktionen der untersuchten Sendungen. - 11.15 Kaffeepause
- 11.30 Mechanismen geglückter Kommunikation
Moderation: Kai Vogeley
In unseren zwischenmenschlichen Begegnungen sind wir darauf vorbereitet, mit anderen zu kommunizieren, „wir können nicht nicht kommunizieren“. Wir erhalten kontinuierlich kommunikative Signale, die wir intuitiv wahrnehmen und auf die wir reagieren, selbst dann, wenn die Signale, die andere senden, gar nicht kommunikativ gemeint sind. Diese Signale umfassen nicht nur die sprachlichen Inhalte selbst, sondern auch die Art, wie wir sprechen, Blickkontakt, Mimik, Körperhaltung und Körperbewegungen. Natürlich können wir diesen komplexen Austausch von Signalen nicht im Detail beobachten. Wir erleben stattdessen eine Kommunikation insgesamt als angenehm oder geglückt oder nicht. Hier diskutieren wir insbesondere die Frage, wie die Gestaltung des gegenseitigen Blickkontakts das Erleben von geglückter Kommunikation als sogenannter Rapport im Sinne von „Verbundenheit“ oder „Einstimmung“ beeinflussen kann. - 13.00 Abschlussdiskussion
Vortragende und Moderierende
- Marlene Altenmüller ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Sozialpsychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Wissenschaftskommunikation und -rezeption mit besonderem Fokus auf Vertrauen in Wissenschaft und meta-wissenschaftliche Fragestellungen. Darüber hinaus forscht sie im Bereich empirischer Ästhetik zu Kunst- und Museumspsychologischen Themen.
- Sven Bernecker ist Professor für Philosophie an der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Philosophie der Erinnerung und die Erkenntnistheorie und dort insbesondere die soziale Erkenntnistheorie und Theorien des Wissens und der Erklärung.
- Christiane Eilders ist Professorin für Kommunikations- und Medienwissenschaft an der HHU und Direktorin des Center for Advanced Internet Studies. Sie forscht zur Digitalisierung der öffentlichen Kommunikation und ihren Auswirkungen auf die Meinungsbildung und die Qualität des Diskurses.
- Cedric Engels ist Wissenschaftsjournalist, YouTuber und Geschäftsführer der Twentytwo Film GmbH. Seine Arbeitsschwerpunkte sind das Recherchieren von komplexen Fragestellungen in den Gebieten Klimawandel, Weltall und Zukunftstechnologien und das Verarbeiten der Ergebnisse in einfach verständliche und reichweitenstarke Videos auf dem YouTube-Kanal Doktor Whatson.
- Frauke Gerlach ist Volljuristin, Direktorin und Geschäftsführerin des Grimme-Instituts sowie Geschäftsführerin des Grimme-Forschungskollegs. Sie ist Vorsitzende des Hochschulrats der Universität zu Köln. Zu ihren Fachgebieten zählt das Verfassungs- und Medienrecht. Ihre transdisziplinäre Arbeit bezieht sich auf praxisorientierte Lösungsansätze an den Schnittstellen zwischen Medien, Gesellschaft, Wissenschaft und Politik im Zeitalter des digitalen Wandels.
- Thomas Grundmann ist Professor für Erkenntnistheorie, Wissenschaftsphilosophie und Logik an der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Erkenntnistheorie, besonders die soziale Erkenntnistheorie, Experten-Laienbeziehungen und Meinungsverschiedenheiten.
- Klaus von Heusinger ist Professor für Germanistische Linguistik. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Semantik, Pragmatik und Textlinguistik natürlicher Sprachen.
- Nikolaus Himmelmann ist Professor für Allgemeine Sprachwissenschaft an der Universität zu Köln. Sein Forschungsschwerpunkt ist der Sprachvergleich, besonders von Sprachen außerhalb Europas.
- Kai Kaspar ist Professor für Sozial- und Medienpsychologie an der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Mediennutzung und -wirkung, medienbasiertes Lehren und Lernen sowie soziale Kognitionen und menschliches Verhalten in virtuellen Welten.
- Manfred Krifka ist Senior Fellow am Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft Berlin, das er von 2001 bis 2022 als Direktor leitete; er war ebenfalls Professor für Allgemeine Sprachwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken, wobei er insbesondere zu generischen Sätzen, Massen- und Zählnomen, Informationsstruktur und zu anaphorischen Beziehungen im Diskurs geforscht hat. Er leitet gegenwärtig ein ERC-Projekt zu Sprechakten in Grammatik und Diskurs, in dem insbesondere auch die Vertrauenswürdigkeit von Aussagen eine Rolle spielen. Ferner beschreibt und dokumentiert er das Daakie, eine kleine ozeanische Sprache in Vanuatu.
- Stephan Packard ist Professor für Medienkulturwissenschaft an der Universität zu Köln. Forschungsschwerpunkte betreffen Mediensemiotik; populäre Bildkulturen; Comicforschung; Zensur, Überwachung, Populismus und andere Formen medialer Kontrolle; und transmediale Erzähl- und Fiktionsforschung. Er ist Mitherausgeber des Glossars ‚Digitale Souveränität‘.
- Viktor Riley ist Redakteur beim ZDF und zuständig für den YouTube-Kanal „Terra X Lesch & Co“ mit Harald Lesch. Der Kanal vermittelt in mittlerweile über 400 Videos Inhalte aus Astrophysik, Klimaforschung, Nachhaltigkeit, Energiewende, Naturphilosophie und anderen, gesellschaftlich relevanten Themen.
- Kai Vogeley ist Professor für Psychiatrie an der Uniklinik Köln. Seine Forschungsinteressen betreffen Prozesse und Mechanismen der Interaktion und Kommunikation unter besonderer Berücksichtigung nonverbaler Kommunikation. Diese Untersuchungen werden auch an Patient*innen mit psychischen Störungen durchgeführt unter der Annahme, dass sich psychische Störungen in gestörter Kommunikation manifestieren.
- Tanja Weber ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienkultur und Theater an der Universität zu Köln. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Geschichte, Theorie und Analyse von Fotografie und Fernsehen sowie Fragen der Medienqualität. Sie ist außerdem langjähriges Gremienmitglied für den Grimme-Preis – von 2016 bis 2019 war sie stellvertretende Vorsitzende der Nominierungskommission Fiktion, seit 2020 ist sie in dieser Kategorie Jurorin. Zusammen mit Lucia Eskes, der Leiterin des Grimme-Preises, gibt sie jährlich ein Seminar zum wertenden Sprechen über Fernsehsendungen, aus dem sich die Studierendenjury der Universität zu Köln formiert.
- Mark Wünsche ist nach einem Bachelorstudium der Psychologie derzeit Student der Neurowissenschaften an der Universität zu Köln. Er ist studentischer Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Soziale Kognition von Kai Vogeley.
Zum Projekt „Vertrauen in der Wissenskommunikation“.
Zur Anmeldung.
Kontakt
Prof. Dr. Nikolaus P. Himmelmann | sprachwissenschaft@uni-koeln.de
Helen Körsgen | koersgen@grimme-institut.de
Katharina Schmitz | schmitz@grimme-institut.de