Neue Dinglichkeit seit dem Internet
Vivien Grabowski (Universität zu Köln), Annemarie Hahn (Universität zu Köln), Monika Elias (Grimme-Institut)
Laufzeit: Januar 2019 bis Dezember 2019
Das Projekt „digital things. Neue Dinglichkeit seit dem Internet“ widmete sich den Auswirkungen von Digitalität auf die Konstitution physischer Dinge und ihrem Verhältnis zu Materialitäten. Diese wurden in einem zweitägigen interdisziplinären Symposium anhand aktueller Positionen aus den Künsten, den Bildungs-, Medien- und Kunstwissenschaften sowie der Philosophie erforscht. Während Digitalität immer wieder mit dem Immateriellen, Virtualität und Simulation assoziiert worden ist, ist es gerade die Materialität des Digitalen, die im Fokus dieses Projekts stand.
Anlass dazu bot die Beobachtung einer disziplinübergreifenden theoretischen Refokussierung von Dingen, Objekten und ihren Materialitäten. So stellt etwa die Idee, dass Materie über Wirkmächtigkeit und Eigendynamik verfügt, den Kerngedanken einiger jüngerer theoretischer Ansätze dar, die mit den Stichworten Material Turn, New Materialism und Neomaterialismus in Zusammenhang gebracht worden sind. In sogenannten neomaterialistischen Konzeptionen gewinnt die Materie stets Agentialität (agency), im Sinne eines aktiven, an der (Re-)Produktion der Welt beteiligten Wirkungspotentials: Sie erscheint nicht mehr als das Passive und Solide, sondern als autonomer, aktiver, dynamischer Agent, der über transformative Potentiale verfügt.
Durch Rekonzeptualisierungen des Materiellen dieser Art haben neue materialistische Theorien in verschiedensten Disziplinen große Resonanz erfahren. So werden etwa innerhalb der Erziehungswissenschaften Dinge in ihrer Bedeutung für Subjektivierungsprozesse zunehmend in den Blick genommen und in ihren habituellen, kulturellen und ökonomischen Strukturen auf relationaler Ebene analysiert. Während in den Erziehungs- und Sozialwissenschaften ein Fokus auf die Handlungsfähigkeit der Dinge gelegt wird, wird etwa innerhalb der Kunstwissenschaften das künstlerische Material zum Gegenstand der Auseinandersetzung.
Das Projekt „digital things“ zielte auf eine Verbindung dieser Diskurse über Materialität und Dinglichkeit mit dem Diskurs der Digitalität: Wie genau wirkt sich Digitalität auf die grundlegende Konstitution und Existenzweise von Objekten aus? Wenn Dinge und ihre Materialität als von sich aus aktiv und wirkmächtig verstanden werden, wie agieren sie im Digitalen? Und welche Auswirkungen hat dies für gesellschaftliche Transformationsprozesse? Um diesen Fragen nachzugehen und zu eruieren, auf welchen Ebenen sich Digitalität in Dinge einschreibt und welche Auswirkungen daraus ableitbar sind, nahmen am Symposiums „digital things“ Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen wie der bildenden Kunst, der Bildungs-, Medien-, Kunst- und Designwissenschaft sowie der Philosophie teil. Die theoretischen Beiträge wurden durch Screenings künstlerischer Videoarbeiten begleitet, in denen eine ästhetische Auseinandersetzung mit Formen neuer Dinglichkeit ins Bild gesetzt ist.
Theoretische Beiträge kamen von: Dr. Michelle Christensen und Florian Conradi (Berlin), Dr. Florian Fischer (Siegen), Dr. Roman Kirschner (Zürich), Jun-Prof. Dr. Olga Moskatova (Nürnberg-Erlangen), Prof. Dr. Benjamin Jörissen (Nürnberg-Erlangen). Künstlerische Videoarbeiten wurden gezeigt von: DIS, Olga Holzschuh, Mark Leckey, Agnieszka Polska, Roee Rosen, Guan Xiao.
Ergebnisse
Das Symposium „digital things“ fand am 20. und 21. Juni 2019 in den Räumen des Instituts für Kunst & Kunsttheorie der Universität zu Kölnstatt. Für das Symposium wurde eine eigene Website geschaffen (kunst.uni-koeln.de/digitalthings), auf der das Veranstaltungskonzept, das Programm sowie Abstracts der theoretischen Beiträge zu finden sind. Zudem wurden hier Vorträge der Referent*innen in Form von Videodokumentationen online gestellt: kunst.uni-koeln.de/monthly.
Foto (Salat): © gavran333 – stock.adobe.com, weitere Fotos: Monika Elias, Grimme-Institut