20. Oktober 2023, 9:30 – 18:30
Universität zu Köln, Albertus-Magnus-Platz, Hauptgebäude, Neuer Senatssaal, Lageplan und Anfahrt
Hintergrund
In einer Arbeitsgruppe zwischen Medienwissenschaft, Medienpädagogik, Medienrecht und neuerdings auch Medienökonomie arbeiten wir seit einigen Jahren an einem Glossar, das zentrale Begriffe und Forschungsperspektiven allgemeinverständlich aufbereitet, die die Verteidigung individueller Freiheit und Handlungsmacht unter den Bedingungen der anhaltenden digitalen Transformation betreffen. Sie finden den aktuellen Stand auf den Seiten des Critical Big Data and Algorithmic Literacy Network: www.bigdataliteracy.net/glossar/
Vor einigen Jahren haben wir als Titel des Glossars den Begriff der ‚Digitalen Souveränität‘ gewählt, mit dem im Anschluss an die damals in der Medienpädagogik übliche Verwendung die Fähigkeit gemeint war, persönliche oder kollektive Freiheit und Selbstbestimmung in der digitalisierten Gesellschaft zu verteidigen, zu nutzen und zu gestalten; Souveränität wird dann in Nähe und Abgrenzung zu Vorstellungen von Aufklärung und Kritik verstanden. In einem anderen Sinne ist der Terminus ‚digitale Souveränität‘ seither oft auf nationale Souveränität, auf Regierungsmaßnahmen und auf nationale Diskurse bezogen und diskutiert worden.
Ziel
Die Tagung findet statt im Rahmen des gleichnamigen Projekts „Streit um Digitale Souveränität“, gefördert vom Grimme-Forschungskolleg an der Universität zu Köln. Auf der Tagung wollen wir die Diskussion um die Voraussetzungen von Selbstbestimmung im Umgang mit digitalen Medien fortsetzen und den Streit um den Begriff der digitalen Souveränität als einen Einstiegspunkt verwenden. Dass er in völlig verschiedene Richtungen gewendet wird, wenn individuelle oder staatliche Kontexte vorausgesetzt werden, spiegelt nach unserem Eindruck die für den Gegenstand wichtige Spannung zwischen individueller und kollektivierter Handlungsperspektive wider: Wer sich selbstbestimmt im digitalen Raum bewegen und kommunizieren möchte, benötigt nicht nur eigene Medienkompetenzen, sondern ist ebenso von digitalen und anderen technischen und technologischen, aber auch von legislativen, juridischen und ökonomischen Bedingungen abhängig.
Ablauf
9:30 Begrüßung und Einführung
Harald Gapski & Stephan Packard
10:00 Panel I: Digitale Souveränität und Technologien
Moderation: Johannes Münster
- Volker Frederking: „Digitale Souveränität und digitale Textsouveränität am Beispiel von Fake News und ChatGPT“
- Anne Mollen: „Digitale Selbstbestimmung und Automatisierung: Regulatorik, Infrastrukturen und Praktiken“
11:10 Pause
11:30 Panel II: Digitale Souveränität und Subjektivität
Moderation: Harald Gapski
- Jane Müller: „Jugendliche, Medienpraktiken und die subjektive Perspektive der Handlungsfähigkeit“
- [entfällt: Christian Leineweber & Miguel Zulaica y Mugica: „Ambivalenzen der Souveränität. Bildungstheoretische Spurensuche unter den Bedingungen der Digitalität“]
12:40 Mittagspause
14:00 Panel III: Digitale Souveränität und Recht
Moderation: Johannes Münster
- Enrico Peuker: „Digitale Souveränität als verfassungsrechtliches Leitbild“
- Karl-Nikolaus Peifer: „Digitale Souveränität und informationelle Selbstbestimmung”
15:10 Pause
15:30 Panel IV: Digitale Souveränität und Kritik
Moderation: Harald Gapski
- Georg Glasze & Ronald Staples: „Digitale Souveränität – produktiver Mythos?“
- Stephan Packard: „Abhängige Souveränität: Postdigitale Spannungen zwischen individueller und kollektiver Handlungsmacht”
16:40 Pause
17:00 Abschlussdiskussion
Moderation: Stephan Packard
18:30 Ende
Vortragende und Moderierende
- Volker Frederking hat den Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Erlangen-Nürnberg inne. Forschungsschwerpunkte liegen in der empirischen Kompetenz- und Unterrichtsforschung, im Bereich fachlicher Bildung in der digitalen Welt und in der Theorie und Empirie digitaler (Text-)Souveränität.
- Harald Gapski ist Leiter des Bereichs Forschung am Grimme-Institut. Er setzt sich mit Phänomenen der digitalen und datengetriebenen Transformation auseinander, um sie für die kritische Medienbildung zu erschließen und Schnittstellen für die Wissenskommunikation zu entwickeln.
- Georg Glasze ist Lehrstuhlinhaber für Kulturgeographie und Politische Geographie an der FAU Erlangen-Nürnberg. Er interessiert sich u.a. für die Veränderung gesellschaftlicher Raumverhältnisse in der digitalen Transformation sowie die Geopolitisierung der digitalen Transformation.
- Christian Leineweber ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrgebiet Bildungstheorie und Medienpädagogik an der FernUniversität in Hagen. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Medienpädagogische Bildungs- und Wissenschaftstheorie, Kritische Medienbildung, Quantifizierung in pädagogischen Handlungsfeldern, methodologische Fragen der bildungswissenschaftlichen Medienforschung, Bildung und die Temporalität des Digitalen.
- Anne Mollen ist Postdoc-Researcher am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster und berät als Senior Research Associate die zivilgesellschaftliche Organisation AlgorithmWatch. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen bei der Nachhaltigkeit von KI, Automatisierung und öffentliche Meinungsbildung, algorithmenbasierte Diskriminierung sowie dem Einsatz von Systemen des automatisierten Entscheidens am Arbeitsplatz.
- Jane Müller ist Leiterin der BMBF-Nachwuchsforschungsgruppe „Digitale Souveränität Jugendlicher“ an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u.a. die (Grenzen der) Handlungsfähigkeit Jugendlicher in einer digitalisierten Welt, der Wandel des Aufwachsens in der Digitalität sowie die Erforschung von Medienpraktiken und Mensch-Medien-Konstellationen.
- Johannes Münster ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität zu Köln. Seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre betreffen die Medienökonomie, insbesondere die Finanzierung von Medien, ökonomische Einflüsse auf Medieninhalte, sowie deren Konsum und Rezeption.
- Stephan Packard ist Professor für Medienkulturwissenschaft an der Universität zu Köln. Forschungsschwerpunkte betreffen Mediensemiotik; populäre Bildkulturen; Comicforschung; Zensur, Überwachung, Populismus und andere Formen medialer Kontrolle; und transmediale Erzähl- und Fiktionsforschung. Er ist Mitherausgeber des Glossars ‚Digitale Souveränität‘.
- Karl-Nikolaus Peifer ist Direktor des Instituts für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Datenschutz- und Persönlichkeitsrecht sowie im Recht des Geistigen Eigentums. Er ist im Nebenamt Richter am Oberlandesgericht Köln.
- Enrico Peuker ist Inhaber des Lehrstuhls für Recht der Digitalisierung und des Datenschutzes an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und Leiter des dortigen Zentrums für soziale Implikationen künstlicher Intelligenz (SOCAI)
- Ronald Staples ist wissenschaftlicher Assistent an der Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen-Nürnberg, Institut für Soziologie mit den Forschungsschwerpunkten: Organisation, Digitalisierung, Mitbestimmung und Innovation. Aktuelle Publikationen zu ‚Partizipation und Un_Gleichzeitigkeit‘ und Mitherausgeber eines Bandes zu ‚Digitaler Souveränität‘.
- Miguel Zulaica y Mugica ist akademischer Rat a. Z. im Bereich der Allgemeinen Erziehungswissenschaft an der TU Dortmund und Projektleiter des Projekts „Der Islam in der Kontroverse: Der Islam in der Kontroverse: Praktische Dilemmata in schulischen Kontexten“. Schwerpunkte der Forschung: systematische Problemstellungen der Erziehungs- und Bildungsphilosophie in Bezug auf Sozialität, Digitalität, Ästhetik und Spiel; qualitativ empirische Zugänge zur Erforschung von Kontroversität im pädagogischen Kontext.
Anmeldung und Kontakt
Die Veranstaltung ist ausgebucht.
Kontakt
Tagungsorganisation – Helen Körsgen und Katharina Schmitz: info@grimme-forschungskolleg.de
Plakat Design: Ulrike Kersting